Der Spezialist für Fahrzeugumbau

Mobilität erhalten oder zurückgeben

Der Spezialist für Fahrzeugumbau

6. Mai 2021 agvs-upsa.ch – Besonders nach einem Unfall, den jemanden in den Rollstuhl fesselt, wird die Mobilität zu einem noch zentraleren Thema. Spezielle Umbauten am Fahrzeug können helfen, den Betroffenen einen Grossteil ihrer Freiheit zurückgeben. AGVS-Garagist Christoph Schüpbach hat sich auf solche Umbauten spezialisiert.

20210507_umbau_artikelbild.jpg
AGVS-Garagist Christoph Schüpbach gibt seinen Input zu einem Umbau. Fotos: AGVS-Medien

jas. Zwar war gibt es einige Hersteller, die wie beispielsweise Mercedes mit dem E-Vito Tourer einen Umbau für Rollstuhlfahrer anbieten. Dabei haben die Hersteller aber primär Fahrdienste oder Taxiunternehmen als Kunden im Fokus. Das gilt auch für das neue Schweizer VW-Sondermodell Caddy Move: eine Umbauvariante des kompakten Van für den sicheren Transport von Rollstuhlpassagieren samt nach innen zusammenfaltbarer Pop-up-Rampe mit rutschfestem Belag und speziellem Vier-Punkte-Befestigungssystem für den Rollstuhl.

Doch in den meisten Fällen sind die Wünsche an die Fahrzeuge von handicapierten Personen viel individueller und beim Umbau können Millimeter entscheidend sein. Einer, der dies wissen muss, ist AGVS-Garagist Christoph Schüpbach. Der Familienvater sitzt selbst seit Januar 2008 im Rollstuhl. Ein Skiunfall in den Bergen Kanadas hat das Leben des Berners zwar völlig auf den Kopf gestellt, aber behindern liess er sich durch seine Behinderung noch nie. Der Walkringer Garagist ist nicht nur wichtiger Ansprechpartner für Umbauten, sondern auch bekannt für seinen Ferrari F430 Challenge, mit dem er trotz seiner Querschnittlähmung mehrere Saisons lang erfolgreich im Motorsport aktiv war.

Geht nicht, gibt es bei ihm grundsätzlich nicht. Wie bei einem herkömmlichen Autokauf ist es für den Alfa-Vertreter vor jedem Umbauprojekt wichtig, eine genaue Bedarfsanalyse zu erstellen. «Wir müssen beispielsweise klären, ob der Kunde schon länger in seinem Rollstuhl sitzt, ob er vielleicht sogar erst neu im Paraplegiker-Zentrum in Nottwil ist und erst später seinen eigentlichen Rollstuhl erhält», erklärt Schüpbach. «Denn je nach Fahrzeug geht es bei den Umbauten um Millimeter, ob beispielsweise ein Drehsitz reinpasst. Es ist auch entscheidend, dass wir die genauen Masse der Rollstühle kennen. Zudem ist es wichtig zu wissen, ob sich die Krankheit allenfalls verschlechtern könnte und man somit weitere Umbauschritte schon mitplanen sollte. Nicht zuletzt ist es entscheidend, ob es sich um einen Selbstfahrer oder einen Beifahrer handelt.»

Der zweifache Familienvater gibt zu bedenken, dass Umbauten zudem immer auch ein Zusammenspiel zwischen vier verschiedenen Akteuren seien: «Wir müssen versuchen die Wünsche des Kunden selbst, die Anforderungen der Behörden, die das Fahrzeug zulassen müssen, der IV, die meist für einen Grossteil der Kosten aufkommt, und natürlich die technische oder auch finanzielle Machbarkeit für den Garagisten unter einen Hut zu bringen.» Schüpbachs Umbauangebot reicht vom einfachen Gasring kombiniert mit einer Stossbremse, so dass der Wagen auch ohne die herkömmlichen Pedale gefahren werden kann, über Kombihebel, um auch Personen mit stark eingeschränkten Fingerfunktionen das sichere Fahren zu erlauben, bis hin zu Heckausschnitten, um ein einfaches schnelles Verladen eines Rollstuhl zu ermöglichen. «Es gibt diverse Gas-Bremssystem ab Stange. Die meisten Systeme sind universell einsetzbar. Wir sind dann vor allem gefordert, um die passenden Halterungen für die einzelnen Fahrzeug- und Modelltypen zu erstellen», erläutert der Garagist.

20210507_artikelbild2.jpg
Der Einbau von Schwenktüren – wie hier bei einem Volvo – ermöglichen einen einfacheren Verlad des Rollstuhls.

Oft gefragt sind auch Schwenktüren für einen einfacheren Verlad des Rollstuhls. Hier liegt die Crux vor allem darin, die Halterung und den Motor möglichst platzsparend zu verbauen. «Meist wissen wir erst, was sich hinter der Abdeckung alles verbirgt, wenn wir sie wirklich wegnehmen», erklärt der 36-Jährige und fährt in der Werkstatt zu einem Fahrzeug, an dem gerade gearbeitet wird, um die Problematik zu verdeutlichen. Von den Herstellern selbst gibt es für Umbauten keine Unterstützung. Wenn der AGVS-Garagist für die Installation einer Schwenktür Schaltpläne braucht, muss er sich diese Daten meist über befreundete Händler beschaffen. «Dank unserer langjährigen Erfahrung und einem guten Netzwerk geht’s», so Schüpbach. Nicht nur für Anpassungen bei den Türen, auch bezüglich Servolenkung, die je nach Einschränkung oder fehlender Kraft leichtgängiger gemacht werden müssen, wären offizielle Daten vor allem bei den heutigen elektromechanischen Varianten besonders hilfreich.

Auch Drehsitze für die Beifahrerseite, die den Ausstieg erleichtern, oder auch Krane und Liftsysteme, um den Rollstuhl im Fahrzeug zu verstauen, gehören zum Angebot der Alfa-Romeo-Vertretung aus Walkringen. Bei der Beratung ist die Tatsache, dass Christoph Schüpbach selbst im Rollstuhl sitzt oft ein Vorteil. «Die Leute glauben mir. Und durch mein Schicksal weiss ich genau, woran man auch noch denken muss. Ich kann mich hervorragend in die jeweilige Situation des Kunden versetzen. Am meisten habe ich an mir selbst gelernt. In gewissen Sachen wird man einfach heikel. Daher verstehe ich auch Kunden, die ihren Blinkerschalter genau dort haben wollen, und nicht da, wo wir ihn vielleicht einfacher einbauen könnten.»

20210507_artikelbild3.jpg
Wenn sich die Chance ergibt, setzt sich der zweifache Familienvater auch heute noch gerne ans Steuer seines Spezialumbaus des Ferrari F430 Challenge. 

Je nach Behinderungsgrad ist es für den Umbau zudem entscheidend, dass der Rollstuhl leicht greifbar ist. Da die Kunden nicht einfach bis zum Heck gehen können, dort den Kran im Kofferraum betätigen, den Rollstuhl rausheben und sich dann selbst in diesen hieven können. Doch auch hier finden Schüpbach und sein Team mit ihrer mehr als 13-jährigen Erfahrung im Fahrzeugumbau immer wieder die passende Lösung. Die natürlich ebenfalls eine grosse Anzahl an Richtlinien und Gesetze erfüllen muss, damit das Fahrzeug später vom Strassenverkehrsamt die Zulassung erhält. «Heckausschnitte sind bei Umbauten immer etwas kritisch, da ich da nur bei einem Neufahrzeug ein CoC-Zertifikat erhalte», verrät der AGVS-Garagist. «Ist es kein Neufahrzeug braucht es ein weiteres Gutachten, selbst wenn ich einen offiziellen Einbausatz verwende. Das heisst, man prüft das Ganze zweimal!» Nicht nur technisch versuchen sie jeweils, das Optimum für seine Kunden zu erreichen, sondern auch ästhetisch. «Wir fertigen die passenden Abdeckungen fürs Interieur und für speziellere Lösungen arbeite ich mit einem regionalen Sattler zusammen, um Sitzkissen aufzufüllen oder sichtbare Nähte im Lederinterieur anzubringen.»

Stellt der immer vielfältigere Materialmix der modernen Fahrzeuge eigentlich auch für den Umbau-Spezialisten eine Herausforderung dar? «Der Materialmix führt dazu, dass man nicht mehr alles Schweissen kann. Vieles muss dann eben verschraubt werden», meint Schüpbach achselzuckend, der sich auch hier nicht behindern lässt und immer Lösungen und nicht Hindernisse vor Augen hat. Machen vielleicht die neuen Antriebstechnologien wie Elektro- oder Hybridantriebe den Umbau wenigstens einfacher? «Nicht zwingend. Wir müssen genau schauen, wo die Batteriepakete oder die Hybridkomponenten verbaut sind. Einem Rollstuhlfahrer, der sich einen neuen Skoda Octavia kaufen wollte, musste ich nach meiner Recherche daher von einer Plug-in-Hybrid-Variante abraten, weil sie den späteren Umbau zu stark eingeschränkt hätte.» Der 36-Jährige ergänzt, dass es immer besser sei, wenn die Leute nicht schon mit einem neuen Auto auf den Platz fahren und dann ihre Umbauwünsche anbringen. «Wir beraten die Leute gerne im Vorfeld und können so auch unsere Erfahrungswerte von bisherigen Umbauten einbringen, da wir genau wissen welche Gefahren lauern.» Bei rund 50 Umbauten pro Jahr weiss Schüpbach genau, wovon er spricht.

Einer der spektakulärsten Umbauten steht übrigens in Walkringer Showroom: Ein Ferrari F430 Challenge. Das Gasringsystem ist eine Selbstentwicklung von Schüpbach und besticht durch hohe Präzision und Langlebigkeit. Kommt der Rennwagen überhaupt noch zum Einsatz? «Mit zwei Kleinkindern und nun Corona haben sich die Prioritäten etwas verschoben, aber wenn sich die Gelegenheit ergibt, fahre ich mit meinem Vater immer noch sehr gerne nach Dijon oder Anneau du Rhin für ein paar Runden auf der Rennstrecke.» 
Feld für switchen des Galerietyps
Bildergalerie

Kommentar hinzufügen

6 + 10 =
Lösen Sie diese einfache mathematische Aufgabe und geben das Ergebnis ein. z.B. Geben Sie für 1+3 eine 4 ein.

Kommentare