TCS-Studie zu Bio-Treibstoffen

Wie viel Bio im Tank darf es sein?

In verschiedenen europäischen Ländern werden Diesel und Benzin zunehmend nicht-fossile Anteile beigemischt. Doch wie viele Bio verträgt ein Motor? Der TCS wollte es genau wissen und ist dieser Frage nachgegangen. Mit seiner Studie liefert er wichtiges Hintergrundwissen, das Sie als Garagistin oder Garagist auch bei einem Kundengespräch nutzen können.
Publiziert: 30. Juli 2025

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AGVS-Newsdesk


										Wie viel Bio im Tank darf es sein?
Wie viel Bio-Treibstoff kann man heutzutage bedenkenlos tanken, der TCS hat es untersucht. Foto: Amag

Anfang Juli fuhr ein Audi Sport Quattro mit Jahrgang 1985 als erstes Fahrzeug überhaupt mit Solarbenzin von Synhelion über Schweizer Pässe. Synhelion kann synthetische Drop-in-Treibstoffe, nachhaltigen Flugtreibstoff (Sustainable Aviation Fuel, SAF), Benzin und Diesel herstellen. Diese Treibstoffe sind nahezu CO₂-neutral und emittieren bei ihrer Verwendung nur so viel CO₂, wie bei ihrer Herstellung absorbiert wurde. Im Schwerverkehr nutzen viele Logistiker und Spediteure zudem HVO. HVO steht für «Hydrotreated Vegetable Oils», wird aus verschiedenen Bioölen wie Kiefernöl, Palmöl, tierischen Fetten oder pflanzlichen Altölen hergestellt und kann im Vergleich zu fossilem Diesel die CO2-Emissionen um bis zu 90 Prozent reduzieren.

Doch wie steht es um die Verträglichkeit dieser synthetischen Biotreibstoffe? Können sie wirklich bedenkenlos eingesetzt werden – egal in welcher Konzentration und Menge? Insbesondere durch gesetzliche Vorgaben in verschiedenen europäischen Ländern kam hier in der letzten Zeit einiges in Bewegung. In der Schweiz ist die Thematik noch weniger bekannt, nimmt aber ebenfalls Fahrt auf. Der TCS hat die aktuelle Situation in einem Bericht unter die Lupe genommen und beurteilt darin das Potenzial nicht-fossiler Anteile in Treibstoffen. Er liefert damit spannendes Hintergrundwissen für die Schweizer Garagistinnen und Garagisten, das diese in ihren Kundengesprächen nutzen können, um so verunsicherte Autofahrerinnen und Autofahrer, die sich nicht im Klaren sind, ob und wie viel Bio sie tanken dürfen, kompetent zu beraten.

Maximal fünf Prozent Ethanol in der Schweiz

Gemäss einer EU-Richtlinie müssen Treibstoffe heute bestimmte Anteile aus nicht-fossilen Quellen enthalten. In Frankreich und Österreich ist Bleifrei 95 vielerorts nur noch mit dem Zusatz «E10» erhältlich. Das bedeutet, dass dem Benzin zehn Prozent CO2-neutrales Ethanol beigemischt sind. In Deutschland ist E10 zwar auch erhältlich, allerdings ist daneben E5, also Bleifrei 95 mit fünf Prozent Ethanol, weiterhin sehr verbreitet.

Etwas anders sieht die Situation in der Schweiz aus, für die die EU-Vorgaben nicht gelten. In der Schweiz werden dem Benzin maximal fünf Prozent Biotreibstoffe beigemischt, beim Diesel sind es sieben Prozent. Diese Mengen sind nicht deklarationspflichtig. Eine Besonderheit in der Schweiz ist, dass biogene Treibstoffe nur importiert werden dürfen, wenn sie aus Abfällen oder Reststoffen hergestellt sind. Biogene Treibstoffe, die aus Nahrungs- oder Futtermittel hergestellt werden, sind verboten, damit die Nahrungsmittelproduktion nicht konkurrenziert wird. Im Jahr 2024 betrug der durchschnittliche Biogen-Anteil im Benzin in der Schweiz 3,7 Prozent, beim Diesel waren es 6,7 Prozent. Beim Erdgas (CNG) an Schweizer Zapfsäulen werden – Stand Ende 2024 – sogar durchschnittlich 32,8 Prozent Biogas beigemischt.

 

Neuer Bio-Diesel HVO verbreitet sich

Gegenüber dem Vorjahr gab es insbesondere beim Diesel ein signifikantes Wachstum im Biobereich. Grund dafür ist, dass neu HVO in grösseren Mengen für Schweizer Kunden zur Verfügung steht. HVO ist ein Treibstoff aus gebrauchten Fetten und Ölen, der hauptsächlich für Lastwagen in der Logistikindustrie eingesetzt wird. HVO 100 reduziert den CO2-Ausstoss um 80 bis 90 Prozent, ist aber noch deutlich teurer als herkömmlicher Diesel. Eine Stichprobe des TCS im Mai 2025 ergab, dass HVO 100 pro Liter zwischen 20 und 28 Rappen teurer ist. Neben dem Preis steht momentan die begrenzte Verfügbarkeit einer raschen Verbreitung von HVO im Weg. Altspeiseöle und -fette sind in der Schweiz nur beschränkt verfügbar und können ausserdem auch für die Produktion von Biogas verwendet werden. Seit Anfang 2025 gibt es auch einige wenige öffentlich zugängliche Tankstellen, die HVO 100 anbieten.

 

Augen auf beim Betanken älterer Autos

Wer ein Dieselauto fährt und unsicher ist, ob das Auto HVO 100 verträgt, muss eigentlich nur den Tankdeckel anschauen. Ist dort die Kennzeichnung «XTL» vorhanden, kann bedenkenlos HVO 100 getankt werden. Fahrerinnen und Fahrer eines Benziners müssen sich in der Schweiz sowieso keine Sorgen machen, da E5 keinen Einfluss auf die Fahrleistung hat. Tankt man im Ausland, ist das Baujahr des Autos relevant. Fahrzeuge, die jünger als Baujahr 2012 sind, vertragen Bleifrei 95 E10 problemlos. Auch ältere Fahrzeuge, wenn auch nicht alle, können diese Sorte tanken. Eine Übersicht bietet die Deutsche Automobil Treuhand GmbH. Benzin mit der Kennzeichnung E10 ist in Deutschland pro Liter circa sechs Cent günstiger als E5. Allerdings ist der Verbrauch mit E10 etwa 1,7 Prozent höher, was im Alltag allerdings nicht spürbar ist.

Für die Zukunft ist zu erwarten, dass der Anteil biogener Treibstoffe weiter leicht steigt – insbesondere, wenn die gesetzlichen Vorgaben verschärft werden. Die Verfügbarkeit und die ökologischen und sozialen Fragen rund um die Gewinnung der Bio-Treibstoffe dürften eine rasche Verbreitung indes bremsen. Es lohnt sich trotzdem, als kompetenter Mobilitätsberater die Entwicklung in diesem Bereich im Auge zu behalten, und vor allem Kundinnen und Kunden mit einem älteren Fahrzeug vor der Ferienfahrt ins Ausland darauf hinzuweisen. Eine nette Geste, die Kompetenz zeigt, Vertrauen schafft und so die Kundenbindung stärkt!